Erkenntnisse des 6. Ladungssicherungs-Symposiums Schweiz in Arbon

* Kürzlich fand das 6. Ladungssicherungs-Symposium Schweiz statt. * Referenten aus dem In- und Ausland informierten über die neuesten Entwicklungen in der Ladungssicherung. * In den Pausen konnte man sich in der begleitenden Fachausstellung bei den Herstellern über die Möglichkeiten der Ladungssicherung informieren.

Knaus Weiterbildung
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Veröffentlicht am

12.6.2025

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Ladungssicherungs-Symposium Schweiz
Eröffnung des Symposiums durch den Veranstalter Richard Knaus.

Organisator Richard Knaus von der Veranstalterin Knaus Weiterbildung in Grub eröffnete das Ladungssicherungs-Symposium im Seeparksaal in Arbon und stellte den anwesenden 130 Personen aus der Transportwelt – Transportunternehmer, Disponenten, Verantwortliche Ladungssicherung, Fahrlehrer, Ausbilder und Polizisten – die Frage: «Weshalb braucht es überhaupt VDI-Richtlinien, wir haben doch Normen?». Die Antwort dazu gab er gleich selber: «Weil die VDI-Richtlinien die Lücken füllen, welche die Normen offenlassen.» Es steht in keiner Norm, wie z.B. Fahrzeuge, Stahlcoils oder Papierrollenrichtig zu sichern sind. Ausserdem werden die Richtlinien alle fünf Jahre überprüft, und dann gibt es drei mögliche Szenarien. Entweder werden sie bestätigt, überarbeitet, oder sie werden zurückgezogen und durch eine neue Version ersetzt. In Deutschland sind die VDI-Richtlinien anerkannte Regeln der Technik gemäss Strassenverkehrsordnung StVO. Bei uns in der Schweiz können sie ebenfalls bei Gerichtsurteilen herbeigezogen werden, wie dies ein Entscheid des Kantonsgerichts Baselland aus dem Jahr 2012 bestätigt.

Neue Richtlinien für den Fahrzeugtransport

Da die zu transportierenden Fahrzeuge immer schwerer werden und grössere Räder aufweisen, mussten die Richtlinien überarbeitet werden. Ingo Burbach und Wolfgang Müller von der Firma SpanSet informierten, wie die verschiedenen involvierten Fahrzeugaufbauer und Zurrmittelhersteller bei der Überarbeitung die Herausforderung meisterten. Mit statischen Prüfmaschinen wurden Fahrbahnbleche, Radvorleger, Zurrmittel getestet und die Reibbeiwerte ermittelt. Ein extra dafür gebauter Aufbau diente dazu, die Ergebnisse in dynamischen Fahrversuchen in der Praxis zu überprüfen und zu bestätigen. Daraus entstand die VDI 2700 Blatt 8, das die Anforderungen an das Fahrzeug definiert. Die überarbeiteten Blätter 8.1 und 8.2 zeigen die richtige Sicherung von leichten und schweren Motorwagen.

Ladungssicherung im Container

Ralf Schöne von der Intakt Tranportberater e.K. aus Hamburg zeigte auf, welchen wechselnden Belastungen die Ladung im Container zu widerstehen hat. So soll der Schwerpunkt der Ladung im Container möglichst in der Mitte liegen und die Ladungssicherung den Belastungen während des Transports standhalten können. Und diese können alleine schon beim Strassentransport sehr hoch werden. Sogenannte «Humps» im Hafengelände sollen dafür sorgen, dass die Fahrer an dieser Stelle langsam fahren. Oft wird aber zu schnell drübergefahren, was zu sehr hohen Vertikalbeschleunigungen führen kann. Man kann ausserdem nicht wählen, wo auf dem Schiff der Container platziert wird. Falls er aussen steht, kann er grossen Witterungsbedingungen und Temperaturschwankungen ausgesetzt sein. Das Aufnehmen und Absetzen des Containers auf das Schiff muss sehr schnell gehen. Dabei können durch unsachgemässes Absetzen bis zu 10 g erreicht werden. Dies kann zu Schäden an der Ladung führen.

Die Ladungssicherung wird oft mit einem Kantholz gemacht, das in den Sicken verklemmt wird. Doch bei den flachen Sicken der heutigen Container ist dies nicht mehr gut möglich. Auch das Nageln im Ladeboden ist nicht die beste Ladungssicherung, da die Böden nur 20 mm statt der erforderlichen 40 mm aufweisen. Am besten geeignet sind eine formschlüssige Stauung und Einweggurtsysteme, mit denen die Ladung direkt in den Ankerpunkten verzurrt werden kann.

Vorsicht ist auch bei Öffnen eines Containers geboten. Es kann immer etwas herausfallen! Wenn irgendetwas passiert, gibt es immer eine Richtlinie, wo jemand die Verantwortung tragen muss.

Der Vortrag von Wolfgang Schlobohm von der GWS-Schlobohm.

Ladungssicherung von A-Böcken (Fenster, Betonfertigteile usw.)

Die Verpackung des Ladegutes liegt gemäss Schweizerischem Obligationenrecht OR Art. 442 Abs. 2 in der Verantwortung des Absenders. Der Frachtführer trägt aber die Verantwortung, wenn er das Gut mit äusserlich erkennbaren Mängeln ohne Vorbehalt angenommen hat.

Die Ladeeinheit kann man im Betrieb testen, stellte Wolfgang Schlobohm von der GWS-Schlobohm fest. Dafür gibt es die DIN 55415, die seit 2022 die Kriterien für die verschiedenen Tests regelt. Mit der einen Variante kann durch Ankippender Ladeeinheit auf ca. 45 Grad überprüft werden, ob sie den Belastungen im Strassentransport bei einer Notbremsung standhalten könnte. Die Glasscheiben können mit PET-Bändern an den A-Böcken zu einer Einheit zusammengefasst werden. Zusätzlich hat sich das Anbringen von PET-Bändern als Kopfschlinge als erfolgreich erwiesen. Die Ladungssicherung kann auf dem Fahrzeug durch Niederzurren mit speziellen Kantholzunterlagen, Diagonalzurren oder durch spezielle Halteklammern, mit denen die A-Böcke direkt in den Bodenschienen des Trägerfahrzeugs verklemmt werden, erreicht werden. Mittels eines Videos von einem Fahrversuch zeigte er die Effektivität der vorher gezeigten Lösungen praktisch auf.

Gewickeltes Band aus Stahl (Stahlcoils)

Die VDI 2700 Blatt 19 wurde komplett überarbeitet und ist seit Juli 2024 im Entwurf verfügbar. «Schreckliche Unfälle speziell beim Be- und Entladen sind passiert, weshalb eine Überarbeitung nötig war», stellte Rolf Dänekas vom Sachverständigenbüro Dänekas fest. Mitgewirkt an der Überarbeitung haben nebst Stahlfirmen auch Transporteure und Zurrmittelhersteller. Die einfachste Lösung ist es, die Coils in Coilmulden zu transportieren. Sie haben eine Breite von 1050 bis 2200 mm. Coildurchmesser können grösser als 2200 mm sein. Das Coil liegt dann an der Coilkante auf und kann da die rutschhemmenden Matten sogar abtrennen. Wenn die vorgegebenen Stützweiten eingehalten werden, kann das Coil aber nicht mehr verrollen. Für die Ladungssicherung nach vorne sollen Rungen die im Fahrbetrieb auftretenden Kräfte übernehmen. Höhere Kräfte können diese aufnehmen, wenn sie zusätzlich nach vorne abgestützt sind. Dies ist vor allem wichtig, wenn die Coils geölt sind. Dann liegt der Reibwert µ teilweise sogar unter 0,1.

Schmale Coils, sogenannte Spaltbänder, sind viel problematischer zu sichern. Die Sicherung fängt hier schon beim Beladen an. Wenn sie mit dem Kran geladen werden, müssen sie so lange mit diesem gehalten werden, bis sichergestellt ist, dass die Spaltbänder nicht mehr kippen können. Das Zusammenfassen zu einer Ladeeinheit von mehreren Spaltbändern kann dies verhindern. Für die Ladungssicherung werden rutschhemmende Matten unterlegt, nach vorne wird durch Rungen Formschluss hergestellt, und mittels Nieder- oder Direktzurren wird die restliche Sicherungskraft aufgebracht.

Transport von Blechen und Formstahl

Rolf Dänekas zeigte in seinem zweiten Referat, wie man die Ladeeinheiten von Stahlblechen testen kann. Durch das einseitige Anheben mit dem Stapler bis auf 45 Grad kann deren Stabilität auf den im Fahrbetrieb auftretenden 0,8 g getestet werden. Wenn die Ladeeinheit diesen Test bestanden hat, wird es auch einfacher mit der Ladungssicherung. Die Ladung wird auf rutschhemmende Matten gelegt, nach vorneformschlüssig an die Steckrungen geladen und zusätzlich durch Niederzurren gesichert. Dabei ist zu beachten, dass sie beim Einsatz von Zurrgurten wirksam vor den scharfen Kanten (spezielle Schutzschläuche, Kantenwinkel) geschützt werden. Nach vorne kann die Ladung, alternativ zu den Steckrungen, auch mit einer Kopfschlinge gesichert werden.

Heiko Koch von der Regupol Germany GmbH & Co. KG zeigte im zweiten Teil auf, welche Anforderungen rutschhemmende Matten (RHM) erfüllen müssen. Bei Ladeeinheiten von Stahlblechen werden die RHM auf der ganzen aufliegenden Fläche belastet. Bei Stahlcoils hingegen ist es eine Linienlast, der die RHM ausgesetzt sind. Die Matte darf sich in der Dicke maximal 30 Prozent verformen. Wird sie darüber hinaus beansprucht, ist sie überlastet und der Reibwert kann stark abfallen. Es ist deshalb darauf zu achten, dass man genügend rutschhemmendes Material mit der entsprechenden Flächenbelastung verwendet.

Papierrollenrichtig sichern

Ralf Schönebekam vom Moderator Roman Good eine WC-Rolle und eine Haushaltsrolle in dieFinger gedrückt. Er stellte aber gleich klar, dass er darüber nicht redenwerde. Sein Referat handle von hart gewickelten Papierrollen.

Diese Rollen können je nach Papierart bei einer Rollenbreite von 2,80 Meter zwischen 2,4Tonnen und 4,7 Tonnen wiegen. Damit es mit der Ladungssicherung einfacher wird, müssen die stehenden Papierrollen ohne Kontakt zum Ladeboden auf rutschhemmende Matten geladen werden. Dabei sollten die RHM leicht über die Rolle vorstehen, damit sie auch beim Ankippen (z.B. Notbremsung) noch auf der RHM aufliegen. Die Rollen können wegen der Lastverteilung meist nicht an die Stirnwand gestellt werden. Für die Ladungssicherung nach vorne eignet sich eine Kopfschlinge in Verbindung mit Niederzurren. Dabei kommt dem Kantenschutz eine grosse Bedeutung zu. Sind diese nicht für Papierrollen geeignet (gerundet), wird entweder die Papierrolle beim Niederzurren beschädigt, oder die Vorspannkraft wird nur so weit eingeleitet, damit es zu keiner Beschädigung kommt. Die VDI-Richtlinie 2700 Blatt 9 ist schon seit einiger Zeit in Überarbeitung. Der Entwurf sollte aber spätestens 2026 erhältlich sein.

Blick auf einen Aussteller-Stand.

Ladensicherungs-Mythen

Wenn man in der Aus- und Weiterbildung tätig ist, bekommt man es mit einigen Ladungssicherungs-Mythen zu tun, stellte Richard Knaus gleich zu Beginn klar. Doch welche sind wahr, welche falsch? Nachfolgend eine Auswahl:

«Nur der Chauffeur ist für die Ladungssicherung verantwortlich»

Auf Anfrage beim Bundesamt für Strassen, Astra, wer denn gemäss Strassenverkehrsgesetz Art.30 für die Ladungssicherung verantwortlich sei, erhielt er folgende Antwort: «Diese Bestimmung nimmt alle an einer Warenbeförderung Beteiligten (Absender, Verlader, Fahrer, Halter) in die Pflicht. Im Einzelfall wird es Sache des Richters sein, nach Abwägung und Prüfung des konkreten Sachverhalts das Pflichtversäumnis dem oder den entsprechenden Beförderungsbeteiligten zuzuordnen.» Folglich ist dieser Mythos falsch!

«Die Ladeeinheit hat mit Ladungssicherung nichts zu tun»

Ganz klar falsch! Die Ladeeinheit ist die Grundvoraussetzung für die korrekte Ladungssicherung.

«Nach oben und nach unten müssen 100 Prozent gesichert werden.»

Falsch! Die vertikalen Beschleunigungskräfte sind im Strassenverkehr nicht definiert.

«Wenn rutschhemmendes Material unterlegt ist, kann immer mit einem Reibwert µ = 0,6 gerechnet werden.»

Falsch! Wenn der Boden nicht besenrein ist, die rutschhemmenden Matten nicht richtigunterlegt sind, überbelastet oder verschmutzt sind, kann nicht mit µ = 0,6 gerechnet werden. Richtig unterlegt mit sauberen Kontaktflächen dagegen schon.

«Ein Gurt ist kein Gurt»

Falsch! Wenn ein Gurt rechnerisch ausreicht und ein unzulässiges Verdrehen z.B. durch Formschluss verhindert wird, kann ein Gurt genügen.

Es gibt noch viel mehr Mythen in der Ladungssicherung. Damit man nicht auf sie hereinfällt, sind eine solide Ausbildung und ein gutes Netzwerk nötig.

Schäden an Fahrzeugaufbauten richtig erkennen und reparieren

Markus Otremba vom Ingenieurbüro Otremba konfrontierte die Teilnehmenden mit Bildern von Schäden an Fahrzeugaufbauten und deren zum Teil unsachgemässen Reparaturen.

Ist der Aufbau nach EN 12642 Code XL zertifiziert, steht im Zertifikat, dass der Zustand des Fahrzeugaufbaus vom Fahrzeughalter/-nutzer gemäss VDI 2700 jährlich durch eine befähigte Person zu überprüfen und gemäss Herstellerangaben zu dokumentieren ist. Dabei sind Schweissnähte, Schrauben und Nieten, Spanngurte im Dach, Türverschlüsse usw. auf den einwandfreien Zustand zu überprüfen. Die Dokumentation erfolgt im Service-Heft.

Speziell ist die Reparatur von Planen bei einem Code XL. Sind bei einer Plane nicht mehr als zwei Felder verletzt, kann sie durch eine Fachperson repariert werden. Mehr dazu findet sich in der BKTex-Richtlinie.

Durch das Programm führte einmal mehr Roman Good. Er fand gekonnt die Überleitungen in die Referate. Mit seiner gewinnenden Art lockerte er das Programm auf und leitete die Fragerunde im Anschluss an die Referate souverän.

Das 7. Ladungssicherungssymposium Schweiz findet am Freitag, 23. April 2027, statt.

Bilder des Symposiums gibt es hier.

Richard Knaus, Knaus Weiterbildung

Die Organisatoren und Gastgeber: Jacqueline (Mitte) und Richard Knaus (links).
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