* Am 23. Oktober 2025 präsentierten engagierte Praktikerinnen und Praktiker aus der Unternehmenswelt ihre Projekte vor und stellten sich den Fragen von Moderatorin Mona Vetsch. * Gastgeber war die Bühler AG in Uzwil, die in das Cubic Innovation Center einlud. * Der «Greenovation Summit» ist die grösste regionale Tagung für Entscheidungsträger in KMU im Bereich Nachhaltigkeit.
In seinen Eröffnungsworten blickte Bühler-CEO Stefan Scheiber auf einen für ihn und die Unternehmensgruppe «stürmischen Sommer» zurück. Den August werde er nie mehr vergessen: Am 1. August, dem Nationalfeiertag, kam die Meldung vom US-Zoll von 39 Prozent auf Schweizer Güter, und bereits am 2. August erfolgte die erste Bestellungs-Absage ins Haus. Bei solchen Zoll-Aufschlägen, kombiniert mit einem starken Franken, müsse man schon über «sehr gute Produkte» verfügen, um erfolgreich im Markt bleiben zu können. Dazu kam der Tod von Urs Bühler, langjähriger Eigentümer des Technologiekonzerns Bühler, im Alter von 82 Jahren, auch das am 1. August. Doch Scheiber hatte auch Positives zu vermelden, etwa die erfolgreiche Teilnahme einiger Auszubildender an den diesjährigen SwissSkills. Die Bühler AG ist mit einem Marktanteil von 60 Prozent Weltmarktführer in der Getreideverarbeitung. Die Nachhaltigkeit werde im Unternehmen – wissensbasiert – weiter vorangetrieben, und daran werde sich auch nichts ändern. Die Klimaerwärmung, betonte Scheiber, sei eine Tatsache. Für diese Beharrlichkeit und die hohe Wertschöpfung mit den Produkten aus der Ostschweiz bekomme das Unternehmen auch viel Zuspruch aus den USA.

Enkeltauglichkeit statt nur Nachhaltigkeit
Pascal Loepfe-Brügger, Geschäftsführer der Appenzeller Alpenbitter AG und Urenkel des Firmengründers, hat das Wort «Nachhaltigkeit» aus dem Unternehmens-Vokabular gestrichen. Der viel bessere Begriff für sie sei «Enkeltauglichkeit». Bei ihnen habe ein Quartal 25 Jahre und nicht 3 Monate, es gehe darum, was das heutige Handeln für die nächsten Generationen heisse; diesen Ansatz verfolge sein Unternehmen bereits seit über 50 Jahren. Enkeltauglichkeit bedinge gesunde Finanzen, einen hohen Eigenfinanzierungsgrad und eine moderate Dividendenpolitik. Ein Beispiel für Enkeltauglichkeit sei der Bau des neuen Hochregallagers mit Platz für rund 2200 Paletten; damit liessen sich pro Jahr mehrere tausend Kilometer Lastwagen-Fahrten von St.Gallen nach Appenzell und zurück einsparen. Als grösster privater Waldbesitzer von Appenzell Innerrhoden wurden die eigenen Mitarbeitenden in den firmeneigenen Wald geschickt, um das für den Bau nötige Holz zu schlagen. Für Loepfe-Brügger bedeutet Chef sein, «Vertrauen zu geben und Verantwortung zu tragen», denn Ziele erreiche man mit Menschen. Die Kernwerte auf den Flaschen des Alpenbitters, so Loepfe-Brügger, gälten auch für die Appenzeller Alpenbitter AG: Charakter, Stil, Persönlichkeit. Die Vier-Tage-Woche gebe es im Unternehmen bereits seit 140 Jahren; Vertrauen gewinne man nicht von heute auf morgen. Während der auch für sie schweren Corona-Zeit mit einer aufs Minimum reduzierten Gastronomie habe man bewusst niemanden entlassen, sondern den Mitarbeitenden die Gelegenheit gegeben, Restanzen aufzuarbeiten und bauliche Renovationen im Haus vorzunehmen. Das neueste Produkt des Hauses, «Amorum Alpinum», sei ein ausschliesslich in der Ostschweiz hergestelltes Rum-Getränk. Anders als üblich, stamme der Zucker nicht aus Zuckerrohr, sondern aus thurgauischen Zuckerrüben.
Mobilität der Belegschaft neu konzipieren
«Elefanten zum Tanzen bringen» war der Titel des Referats von Marc Stoffel, Mitgründer der 42 Hacks AG. Mit Elefanten symbolisiert er grosse Verkehrsunternehmen und kantonale Entscheider. Zum Tanzen animiert werden sie «durch Daten, Hacks und Unternehmertum». Das als Genossenschaft organisierte Startup verhilft den Kundenunternehmen zu neuen, nachhaltigen Mobilitätslösungen für die Mitarbeitenden in Form von Mobilitätsallianzen. Die Bühler AG als Leuchtturmprojekt, die Stadler Group und über 20 andere grosse Arbeitgeberinnen gehören heute zum Kundenkreis von 42 Hacks. Mittels vieler anonymisierter Bewegungsdaten und viel KI («sie ist nicht immer schlau, aber fleissig») können Verkehrsströme analysiert und optimiert werden. Ein grosser Teil der Fahrten lasse sich gleich schnell oder sogar schneller mit dem öffentlichen Verkehr oder aktiv, zu Fuss oder per Velo usw. bewältigen. Wichtig dabei sei der Einbezug der letzten Meile, denn nur eine Optimierung von Tür zu Tür sei aussagekräftig.

Netto-Null-Ziel der Amag bis 2040
In den drei gleichzeitig stattfindenden Breakout Sessions wurden in kleinerer Runde konkrete Ansätze für mehr Nachhaltigkeit im Unternehmen vorgestellt und diskutiert. Ina Walthert, Head Group Sustainability der AMAG, erläuterte die Anstrengungen der Mobilitätsanbieterin, bis im Jahr 2040 klimaneutral zu sein. Bereits heute engagiert sich das Familienunternehmen beispielsweise beim Bau von Photovoltaik-Anlagen, dem Recycling von Autoakkus und beim Bau von Elektroladestationen. Eine grosse Chance sieht Ina Walthert beim bidirektionalen Laden, bei dem Autos nicht nur mit Strom betankt werden, sondern im Bedarfsfall auch Energie ins Netz einspeisen können. Christian Locher, Projektingenieur Produktentwicklung an der OST - Ostschweizer Fachhochschule, brach eine Lanze für « Design for Sustainability» und illustrierte das unter anderem mit dem «Ulmer Hocker» von Max Bill, der sehr einfach und aus teils gebrauchten Teilen bestand – 1954 konzipiert. Design sei nicht identisch mit Styling: «Styling bringt nur kurzfristigen Nutzen und ist nicht nachhaltig!» Daraufhin erläuterte er das Vorgehen von «Design for Sustainability» in 5 Schritten. Martin Bachofner, CEO der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi AG, forderte in seinem Vortrag: «Bauen wir eine Welt für Kinder». Bachofner: «Die ganze Schweiz spricht heute von ökologischer Nachhaltigkeit. Dabei werden es Themen der sozialen Nachhaltigkeit sein, welche uns in naher Zukunft wie Boomerangs um die Ohren fliegen werden.» Die internationalen Programme der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi bauen auf Eigenverantwortung und Nachhaltigkeit. Mit ihren Bildungsprojekten erreicht sie jährlich rund 220’000 Kinder, Lehrpersonen und Eltern auf vier Kontinenten.
Beim Anbau Wasser, Fläche und Energie sparen
Sascha Rohner, Co-Founder der FrugalTec AG, sprach über Vertical Farming und die kreislauffähigen Produkte für den B2C- und den B2B-Markt. Wichtig bei dem modular aufgebauten und so einfach in verschiedenen Höhen produzierbaren Pflanzen-Turm sind nachhaltige Rohstoffe und Produktionsprozesse. Das Wort frugal» im Firmenname ist Programm: Es bedeutet Genügsamkeit, Sparsamkeit und einen bewussten Umgang mit Ressourcen. Dazu gehört auch, keine unnötige Komplexität in die Produkte zu integrieren, nur das, was wirklich notwendig ist. Mit seiner Aussage, man solle mit weniger Mitteln mehr Wert schaffen, bestätigt er das Designprinzip einer nachhaltigen Zukunft seines Vorredners Christian Locher. Also keine unnötige Komplexität, nur das, was wirklich notwendig ist. Er erwähnte auch den ernsten Hintergrund für seinen Markt: Die Anbaufläche ist der limitierende Faktor in der Welternährung. Mit den derzeitigen Anbaumethoden würden wir bis 2050 nur noch etwa die Hälfte der Weltbevölkerung ausreichend ernähren können. Und jedes Jahr verlören wir landwirtschaftliche Anbauflächen in der Grösse von 14 Millionen Fussballfeldern. Sein Fazit: «Es ist nicht das Ende, das zählt, sondern wie wir den Kreislauf von Anfang an beim Design gestalten.» Wichtig seien Anstrengungen für die Kreislaufwirtschaft.
Das Model mit dem Quanten-Effekt
Andrea Riege, AI-Fashion-Designerin und Mitgründerin von AI-COM.ch, ein Teil der Spherix AG, sprach über AI-COM als eine der ersten Kreativagenturen weltweit, die sich seit 2023 ausschliesslich auf AI-gestützte Medienproduktionen spezialisiert hat. Sie unterlegte mit vielen Beispielen ihre Meinung, man könne nicht mehr unterscheiden, was KI-generiert ist und was nicht. Eines davon ist ein Model aus Deutschland. Vroni, die eine KI-Version hat von sich, muss nun also nicht mehr nach Teneriffa reisen, sondern bietet dem Werbemarkt ihr «Aussehen» an. So war sie kürzlich gebucht und hat gleichzeitig hat ihr KI-Model vermietet.
Durch die Preisverleihung, die Greenovation Awards, führte Martin Oswald, Leiter Regionalmedien und Mitglied der Galledia-Gruppenleitung. Er konnte Unternehmen mit innovativen, kreativen und zukunftsweisenden Projekten auszeichnen (siehe separater Artikel). Der Greenovation Summit endete mit einem Dank an alle Teilnehmenden, verbunden mit dem Wunsch, sie könnten viele Ideen mitnehmen, die sich auch im Alltag anwenden liessen.

* Der St.Galler und der Thurgauer Gewerkschaftsbund erachten die Zahl der Betriebsschliessungen in der Ostschweizer Industrie als «besorgniserregend». * Auch die Handelskammern und die Kantone St.Gallen und Thurgau weisen auf die angespannte Lage in der Industrie hin. * In den letzten Wochen wurden in der Region geschätzt 1000 Arbeitsverträge aufgelöst.

* Die Druckguss-Systeme St.Gallen stellt Bauteile aus Aluminium und Magnesium für die Autoindustrie her. * Wegen der anhaltenden Krise in der deutschen Automobilindustrie verlagert die DGS nun den Guss der Aluteile an den Standort in Tschechien. * Bis Mitte 2026 werden deshalb in St.Gallen 80 von 310 Stellen abgebaut.

* «Veloplus» und «Flawa iQ» heissen die beiden Siegerteams des WTT Young Leader Awards 2025. * Mit rund 600 Gästen in der Tonhalle St.Gallen zelebrierte die FH OST am 29. Oktober herausragende Arbeiten junger Wirtschaftstalente. * OST-Rektor Daniel Seelhofer sagte, Bildung sei nicht das Füllen von Fässern, sondern das Entzünden von Flammen – und lobte: «In den Praxisprojekten brennt es lichterloh.»