«Der Erfahrungsrucksack unserer Unternehmen ist gut gefüllt»

Christian Schmid, CEO der St.Galler Kantonalbank, spricht im Interview (zuvor erschienen am 20. November in der Beilage «Zukunft Ostschweiz» des «St.Galler Tagblatts») über die unterschiedlichen Herausforderungen der Ostschweizer Unternehmen.

St.Galler Kantonalbank
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Interview St.Galler Kantonalbank Christian Schmid PC
Christian Schmid (56) ist seit 2021 Präsident der Geschäftsleitung der St.Galler Kantonalbank und seit 2024 Mitglied des IHK-Vorstands.

Interview: Fabian Pernstich, IHK St.Gallen-Appenzell

Christian Schmid, die SGKB ist Hauptbank vieler Ostschweizer KMU. Wie sind diese von den Zöllen der USA betroffen?
In der Ostschweiz haben wir eine beeindruckende Vielfalt von Unternehmen, die sich in einem ganz bestimmten Gebiet spezialisiert haben und verschiedenste Absatzmärkte bedienen. Ein Unternehmen mit einem hohen Wertanteil am Endprodukt, das direkt aus der Schweiz in die USA liefert, ist in vollem Umfang betroffen. Für ein anderes Unternehmen, das sich zum Beispiel auf Leuchtsysteme in Tunnels in der Schweiz und in Europa spezialisiert hat, spielt die US-Zollpolitik hingegen keine Rolle. Umfang und Grad der Betroffenheit sind hochgradig individuell. Es gibt fast so viele verschiedene Ausprägungen wie KMU.

In den letzten Wochen haben einige Unternehmen aus der Ostschweiz angekündigt, Stellen abzubauen oder ins Ausland zu verlagern. Wie ordnen Sie das ein?
Solche unternehmerischen Entscheide werden oft mit den US-Zöllen assoziiert. Dabei geht vergessen, dass wir uns weltweit in einer Phase wirtschaftlicher Abschwächung befinden. Zudem weist Deutschland, unser wichtigstes Absatzland, seit Jahren kein Wirtschaftswachstum mehr auf, und die deutsche Automobilindustrie befindet sich in einer Strukturkrise. Hinzu kommt in diesem Jahr noch eine markante Abschwächung des Dollars. All diese Faktoren tragen dazu bei, dass sowohl Auftragslage als auch Produktion in der Exportwirtschaft rückläufig sind. Die Unternehmen müssen auf diese Situation mit teils harten Massnahmen reagieren.

Aktuell besonders unter Druck sind exportorientierte Industriebetriebe, von denen die Ostschweiz traditionell viele hat. Diese sind durch Zölle, den starken Schweizer Franken und die schwache Konjunkturlage in Deutschland mehrfach belastet. Wie geht es hier weiter?
Hier muss man klar die konjunkturelle Lage von strukturellen Effekten trennen. Auf der strukturellen Seite wird es entscheidend sein, dass es der Schweiz gelingt, für unsere Unternehmen mindestens ein Umfeld mit gleich langen Spiessen zu schaffen, wie es ihre ausländische Konkurrenz vorfindet. Dies bedeutet maximal die gleich hohe Zollbelastung und einen möglichst freien Zugang zu den Zielmärkten. Ein aktuell gutes Beispiel ist das Freihandelsabkommen mit Indien. Zusammen mit unternehmensfreundlichen Rahmenbedingungen im Inland bleibt damit unsere Swissness – Qualität, Verlässlichkeit und vor allem Innovation – auch künftig konkurrenzfähig. Die Schweizer Industrie hat schon in vielen Krisen ihre Anpassungsfähigkeit bewiesen. Ich bin zuversichtlich, dass dies auch in diesen ausserordentlichen Zeiten gelingen wird.

Bislang zeigte sich die Binnenwirtschaft erstaunlich robust gegenüber externen Schocks. Woran liegt das?
Wichtige Elemente des Binnenmarktes sind die Baubranche und der Detailhandel. Beim Wohneigentum besteht seit Jahren eine starke Übernachfrage. Der Detailhandel dagegen hängt stark von der Kaufkraft ab, die in der Schweiz immer noch auf einem guten Niveau liegt. Dazu kommt, dass in den vergangenen 15 bis 20 Jahren eine Generation das Rentenalter erreicht hat, die diesen Lebensabschnitt aktiv gestalten möchte und entsprechende Konsumausgaben tätigt.

Stichwort Baubranche und Immobilienpreise: Rechnen Sie hier aufgrund der Eigenmietwert-Abschaffung mit einer Veränderung?
Die Eigenmietwert-Abschaffung dürfte per 1. 1. 2028 umgesetzt werden. Wer in den nächsten Jahren Renovationsarbeiten geplant hat, wird sie bis dahin durchführen. Entsprechend ausgelastet wird die Baunebenbranche in diesen zwei Jahren sein. Zudem dürften die Preise für ältere Eigenheime mit hohem Renovationsbedarf sinken, sobald keine Möglichkeit mehr besteht, die umfangreichen Renovationskosten steuerlich geltend zu machen. Auf dem übrigen Wohneigentumsmarkt wird hingegen weiterhin eine hohe Nachfrage auf ein tiefes Angebot treffen, und die Preise werden weiter steigen.

Die Ostschweizer Unternehmen haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie mit sich verändernden Rahmenbedingungen umgehen können. Welche Erfolgsfaktoren sind entscheidend in den nächsten Jahren?
Die Ostschweizer Exportwirtschaft beweist schon seit Jahrzehnten ihre Innovationskraft und Flexibilität. Dazu hat der konstante Druck des starken Frankens auch seinen Beitrag geleistet. Zudem haben die Unternehmerinnen und Unternehmer aus den Krisen der vergangenen Jahre viel gelernt: Aus der Eurokrise den Umgang mit stark erodierenden Währungen und der Verlagerung von Produktionskapazitäten. Aus der Pandemie die Herausforderung eines plötzlichen Auftragseinbruchs und das Instrumentarium der Kurzarbeit. Aus der Phase nach der Pandemie den Umgang mit nicht mehr funktionierenden Lieferketten und massiven Preissteigerungen, verstärkt durch die Energiekrise. Der Erfahrungsrucksack unserer Unternehmerinnen und Unternehmer ist gut gefüllt, um auch künftige Herausforderungen erfolgreich zu meistern.

Die SGKB ist seit 2001 an der Schweizer Börse SIX kotiert. In ihrem Heimmarkt ist sie mit 37 Niederlassungen präsent.
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