* In der Brust von Stadler-Rail-Chef Peter Spuhler schlagen zwei EU-Herzen. * Die Rheintaler Wirtschaft schaut vorsichtig optimistisch ins nächste Jahr, und bei den Lohnerhöhungen für 2026 hält sie Zurückhaltung für angesagt. * Darum und um die wirtschaftliche Lage der gesamten Ostschweiz ging es am Lohn-Talk 2025 des Arbeitgeberverbands Rheintal.

Klaus Brammertz, Präsident des Arbeitgeberverbands (AGV) Rheintal, begrüsste am Freitagvormittag die rund 250 Teilnehmenden zum Lohn-Talk 2025 im Saal des Hotels «Metropol». Es seien sehr anspruchsvolle Zeiten. Goldbarren und Rolex-Uhren seien zwar nicht sein Stil bei Gastgeschenken, «aber wenn es hilft …» Sorgen macht ihm der jüngste Anstieg der Arbeitslosenrate im Rheintal um 22 Prozent im Vorjahresvergleich. Aber 39 Prozent Zoll das «geht gar nicht». Doch nicht nur die USA, auch Nachbar Deutschland, das gerade aus einer Rezession kommt und nur 0,2 Prozent Wachstum erwartet, mache als wichtigster Exportpartner dem Rheintal durchaus Sorgen. Die Auftragslage der Rheintaler Wirtschaft sei alles andere als rosig, weshalb er Lohnforderungen von Gewerkschaftsseite als «weit über den Möglichkeiten» bezeichnete: «Jetzt ist Stabilität das Gebot der Stunde», ansonsten gehe der «Schuss nach hinten los».
Zölle, Zweifel, Zuversicht
Das Referat von Jan Riss, Chefökonom und Mitglied der Geschäftsleitung der Industrie- und Handelskammer St. Gallen-Appenzell, stand unter dem Titel «Zölle, Zweifel, Zuversicht», wobei er das Wort «Zuversicht» unterstreichen würde. Zwar sei die Schweiz und auch die Ostschweiz ein kleiner Markt und arm an natürlichen Ressourcen, aber die Offenheit auch der Regierung liege in dem Land und der Region in den Genen. Und gerade die Abhängigkeit von internationaler Arbeitsteilung habe dazu geführt, dass wir das perfektioniert hätten. Sorgen machten den Exporteuren die vielen und teils massiven staatlichen Subventionen und nicht zuletzt der immer schnellere Takt an Executive Orders aus dem Weissen Haus – «die grösste Herausforderung für die Rheintaler Wirtschaft». Man dürfe nicht vergessen, so Riss, dass auch die jetzt erhofften 15 Prozent immer noch massiv mehr seien als die Sätze in der Vergangenheit.
Die Ostschweiz sei zwar auf den ersten Blick nur unterdurchschnittlich vom US-Markt abhängig, denn nur 15 Prozent der Warenexporte gingen dorthin (Schweiz: 18,6 Prozent), aber die Ostschweizer Tech-Industrie sei wegen der zurückhaltenden Investitionstätigkeit überdurchschnittlich betroffen. Er nannte ein konkretes Beispiel: Seit den Zollankündigungen seien die Warenexporte der Ostschweiz in die USA um 11,5 Prozent gesunken, die Gesamtexporte um 3,2 Prozent. Insgesamt seien die Produktionskapazitäten in der Ostschweizer Industrie nur zu 80 Prozent ausgelastet.
Er sprach noch ein weiteres Problem an: Die Sorge um die zunehmende Bürokratie habe die um den Fachkräftemangel als meistgenannte Herausforderung in der IHK- und AGV-Lohnumfrage abgelöst.
Wider die Regulationsflut
Es folgten vier Kurzvorträge zu den Lohn-, Anstellungs- und Branchenperspektiven aus verschiedenen Sektoren. Michael Grabher, Geschäftsführer und VR-Präsident der Swiss Can AG in Berneck, vertrat den Industriesektor. Er blicke bezüglich der Umsatzentwicklung optimistisch ins nächste Jahr; beim Lohn gebe es auf den Jahreswechsel hin im Schnitt ein Plus von 2 Prozent. Dominik Sieber, Geschäftsleiter der Kobelt AG in Marbach, vertrat das Bau(neben)gewerbe. Für nächstes Jahr zeigte er sich in Sachen Umsatz ebenfalls zufrieden, beim erwarteten Ertrag nicht ganz so optimistisch. Ralph Lehner, Gemeindepräsident und HR-Chef von Diepoldsau, wolle dem Gemeindepersonal den Teuerungsausgleich von 0,2 Prozent bezahlen – als einzige St.Galler Gemeinde, denn alle anderen hätten sich den Vorschriften des Kantons unterworfen. Die Gemeinde sei eine sichere Arbeitgeberin, müsse sich aber den Herausforderungen des Fachkräftemangels und der nur kurzen Anwesenheitsdauer der Auszubildenden stellen. Auch er beklagte die massiven und kostspieligen Einsprachen bei Bauprojekten. Das vorgeschlagene Sparprogramm des Kantons zulasten der Gemeinden bezeichnete er als reines «Kostenverschiebungsprogramm». Jérôme Weber, Generalagent der Mobiliar Heerbrugg, vertrat den Dienstleistungssektor. Eine grosse Herausforderung nannte er die regulatorischen Vorschriften, die er als «überbordende Regulationsflut» bezeichnete. Wenig anfreunden konnte er sich mit der Vier-Tage-Woche: «Wollen Sie nicht lieber 80 Prozent arbeiten?»
Zwei Herzen in Sachen EU: Ja und Nein
Peter Spuhler beantwortete die Frage von Moderator Klaus Brammertz, wie es ihm gehe, so: «Es ist mir auch schon besser gegangen seit dem Donnerstagabend» und sprach auf den SBB-Beschaffungsentscheid über 2 Milliarden Franken zugunsten von Siemens an. Da habe ein Projekt gewonnen, das erst auf dem Papier existiere. Ob er Rekurs einlegen werde? «Das ist noch nicht entschieden. Erst müssen wir die tausend Seiten der SBB-Dokumente durchpflügen.» Spuhler zeigte sich optimistisch für die Schweiz, solange sie innovativ bleibe, beim Export von Industrie-Know-how vorsichtig bleibe gerade in Richtung Russland und China, und solange die Bürokratie nicht überhandnehme. Damit spielte er auf gleich zwei Themen an: Bei der Abstimmung zu den Bilateralen III schlage sein wirtschaftspolitisches Herz für ein Ja, sein staatspolitisches für ein Nein. Aber die Abwägung müsse jede und jeder selber vornehmen. Er sprach sich am Anlass klar für die Notwendigkeit des Ständemehrs aus. Wenig überraschend, fand er kein gutes Haar an der Erbschaftsinitiative der Juso und warnte bei einer Annahme von einer «Katastrophe», neben den Direktbetroffenen vor allem für den breiten Mittelstand. Und wie steht Spuhler zur Abschaffung des Homeoffice? «Ich habe es versucht», meinte er, und er werde es weiterhin. Vielleicht könne er einen Tag gewähren, «aber weder Montag noch Freitag».

* Der Rheintaler Technologiekonzern SFS Group schliesst wie geplant bis Ende 2027 das Werk in Flawil mit 110 Mitarbeitenden. * 75 Stellen gehen verloren; die Entlassungen werden zwischen April 2026 und Mitte 2027 ausgesprochen. * 35 Stellen, also etwa ein Drittel der 110 Arbeitsplätze, werden nach Heerbrugg verlagert.

* Die exportorientierte Industrie hat mit Nachfragerückgängen zu kämpfen; die grösste Herausforderung ist die Nachfrageschwäche aus Deutschland. * 44 Prozent der Ostschweizer Industrieunternehmen berichten derzeit von einer ungenügenden Auftragslage. * Baugewerbe und Detailhandel für Stabilität und Zuversicht zum Jahresende.

* Die Corveglia Closures Eschlikon AG stellt Flaschenverschlüsse für den europäischen Markt her. * Diese Produktion hat das Unternehmen nun an die Wisecap Group verkauft, 31 Mitarbeitende sind betroffen. * Erhalten bleiben dem Hinterthurgau Design, Entwicklung, Vertrieb und Formenbau mit 120 Mitarbeitenden.